Nachdem wir bereits ausführlich Möglichkeiten für einen einfachen S-Bahnausbau auf dem bestehenden Netz – auf Basis des Fahrplan CH+ der Firma Otimon GmbH – aufgezeigt haben, möchten wir im Rahmen einer Serie von Blogbeiträgen das Potential der Digitalisierung für die Bahn allgemein und insbesondere für die Region Basel diskutieren. Unser Appell an die Politik: Nicht nur Beton kann grosse Verbesserungen für den Kunden bringen, sondern auch Technologie. Hingegen kann viel Beton die Bahn verteuern.
In unserem Team sind viele Ingenieure und technikaffine Menschen, welche grosses Interesse an technischen Weiterentwicklungen haben. Für uns stehen Technologie und nicht ideologische Grabenkämpfe im Vordergrund. Allerdings garantiert Technologieentwicklung noch keine Innovation. Neue Technologien setzen sich nicht einfach wegen ihren technologischen Eigenschaften und Überlegenheit gegenüber älteren Technologien durch. Ganz im Gegenteil hat sich erwiesen, dass Technologien vom Markt d.h. von den Kunden und Benützern ausgewählt werden. Daher ist es schwierig und gefährlich a priori Aussagen über den Erfolg von neuen Technologien zu machen. Wir müssen folglich Möglichkeiten aufzeigen, den ÖV und das Automobil leistungsfähiger und energiesparender zu machen und die Intermodalität – den Wechsel zwischen Automobil und ÖV – zu verbessern.
In den folgenden Beiträgen wollen wir die Verbesserungen sprich Innovationen durch die Digitalisierung im Basler S-Bahnsystem diskutieren: eingesparte Reisezeit, mehr Komfort, neue Verbindungen, höhere Taktfrequenz etc. Auch beschreiben wir den Status Quo der Bahn-Digitalisierung – auch Smart Rail genannt – in Europa und in der Schweiz. Wir werden aufzeigen was bis wann möglich sein könnte und was dafür passieren müsste.

Einige Publikationen von Teammitglied Hans Ulrich Kunz zu den Themen Bahn- und Verkehrszukunft und Team- und Zukunftsarbeit.
Um die Technologieentwicklung in Sachen Bahn-Digitalisierung zu evaluieren bzw. das Marktpotential abzuschätzen, greifen wir auf das langjährige Fach- und Praxiswissen von Teammitglied Hans Ulrich Kunz zurück. Er wird zusammen mit in der Praxis tätigen Experten – er kennt diese teilweise seit mehr als 25 Jahren – die Blogbeiträge zur Bahndigitalisierung verfassen. Hans Ulrich Kunz – er wohnt seit 40 Jahren in der Region Basel – hat eine Ausbildung zum Dipl. Ing. HTL absolviert und arbeitete mehrere Jahre in den USA und in Italien. Seit 1978 hat er ein eigenes Unternehmen für Team- und Innovationsberatung. In den 90er Jahren konnte er miterleben wie an der Universität von Arizona in Tuscon die ersten internet-basierten Konferenzräume entwickelt wurden. Er publizierte mehrere Bücher über Team- und Zukunftsarbeit und viele Texte zum Thema Bahn- und Verkehrszukunft.

Hier möchten wir insbesondere auf das Projekt im Auftrag der SBB Generaldirektion mit der Pratteler Firma Schindlerwaggon im Jahr 1997 eingehen. Hans Ulrich Kunz leitete die Arbeitsgruppe bestehend aus Mitarbeitern der SBB Netzentwicklung, dem Instituto Ricerche Economiche IRE aus Lugano, dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, dem Institut für Verkehrswesen und Eisenbahnbau der Universität Hannover, der Fima Delzer Kybernetik aus Lörrach und Stefan Krebser. Aufgabe war es Vorschläge zur Dynamisierung des Bahnverkehrs zu finden. Resultat war ein Nahverkehrskonzept mit kurzen Zügen (Regiolinos, Cargolinos), ähnlich der nun eingeführten Flirts. Damit deutlich mehr Zugsbewegungen auf dem vorhandenen Netz fahren können, wurde vorgeschlagen, ein heute als ETCS (European Train Control System) Level 3 – ein vollkommen elektronisch funktionierendes Zugsleit – und Sicherungssystem – einzusetzen. Das war 1997, vor mehr als 20 Jahren. Heute wird Level 3 noch kaum eingesetzt, obschon die Technik bereit wäre. Keine Frage, damit liessen sich auf den vorhandenen Geleisen kürzere Taktabstände im Regionalverkehr realisieren.
Seit der Projektarbeit für die SBB Generaldirektion sind nun fast 25 Jahre vergangen. Es scheint fast so, als ob Bahntechnologie eine der sich am langsamsten an neue Möglichkeiten anpassenden Technologien überhaupt ist. Weshalb? Gehen Politik und Innovation nicht zusammen? Oder führen erst Schocks zu politischen Kehrtwenden? Ein gutes Bespiel könnte hier Corona sein, wodurch die Digitalisierung im Gesundheitswesen vermutlich Fortschritte machen wird. Könnte das vielleicht eine Inspiration für unsere Basler Grosskonzerne sein, auch bei der Bahn-Digitalisierung mitzuhelfen? Welche Herausforderungen kommen da auf uns und sie zu? Oder könnte die Klimajugend ein möglicher Antreiber sein? Diese Fragen müssen wir zwingend noch ausführlicher erörtern. Wir sind also gefangen in traditioneller Bahntechnik. Gefragt ist Bahn-Intelligenz – Digitalisierung – und nicht bloss Streckenneubau und lange Tunnels.